Das Grab von Sr. Veronica

Sr. Veronica – ein reich erfülltes Ordensleben ging zu Ende Geschrieben am

Sr. Veronica und eine Jugendliche
Sr. Veronica und eine Jugendliche

Was sich vor Monaten schon abzeichnete, ist nun traurige Gewissheit geworden. Sr. Veronica Büchel ist im 82. Lebensjahr gestorben. Damit geht ein reich erfülltes Ordensleben zu Ende, welches auch für die Pfarrei Küsnacht-Erlenbach und ihr missionarisches Engagement von grosser Bedeutung war.

Von Elisabeth Büchel zu Sr. Veronica

Aufgewachsen ist Sr. Veronica als Elisabeth Büchel inmitten ihrer Familie hier in Küsnacht. Sie besucht die Primarschule und anschliessend die Oberstufe an der Katholischen Mädchen-Sekundarschule in Zürich. Erstkommunion und Firmung feiert sie in unserer Pfarrkirche St. Georg.

Nach zwei Sprachaufenthalten tritt sie als 19jährige junge Frau 1955 in das Kloster der „Schwestern vom Heiligen Kreuz“ in Menzingen ein. Nach einer Ausbildung zur Krankenschwester und dem vorgeschriebenen ordensinternen Weg legt sie im Jahr 1961 die Ordensgelübde ab und erhält ihren Ordensnamen Sr. Veronica Maria. Eigentlich soll sie nun in die Mission nach Indien abreisen. Da sie keine Aufenthaltsbewilligung erhält, muss umdisponiert werden auf Chile. Nach einem Sprachaufenthalt in Spanien absolviert sie noch eine zweijährige Hebammenausbildung, was sich für ihr Leben am neuen Wirkungsort als äusserst gut und hilfreich erweisen sollte.

Im März 1964 ist es dann soweit. Sie reist von Genua aus mit dem Schiff nach Chile. Die ersten Jahre arbeitet sie in der Klinik des Ordens in Panguipulli als Hebamme. Als sie nach San Juan de la Costa zu den Mapuche, eines der indigenen Völker Südamerikas, versetzt wird, weiss sie noch nicht, dass dies ihr Wirkungsort bis zum Ende des Lebens bleiben wird. Was sie dort vorfindet, ist mehr wie bescheiden. Ein kleines Gesundheitszentrum mit einer Handvoll Betten. Die männlichen Patienten werden von holländischen Franziskanerbrüdern betreut, die Frauen von Sr. Veronica.

Extrem schwere Bedingungen

Versammlung der Schwestern von Heiligen Kreuz
Versammlung der Schwestern von Heiligen Kreuz

Die Bedingungen sind am Anfang extrem schwierig. Zur nächsten Stadt gibt es keine Telefonverbindung. Muss jemand hospitalisiert werden, kann erst am Abend per Radio mit dem Krankenhaus Kontakt aufgenommen werden. Über eine unbefestigte Strasse wird dann ein Krankenwagen nach San Juan de la Costa gesandt um Patienten abzuholen. Die meisten Frauen gebären bis anhin in ihren sehr einfachen Behausungen. Treten Komplikationen bei der Geburt auf, kommen sie zu spät zu ihr. Um dies zu ändern, gibt Sr. Veronica den Frauen, wenn sie zur Schwangerschaftskontrolle ins kleine „Gesundheitszentrum“ kommen, Kinderkleider ab.  Dies veranlasst viele, zur Schwangerschaftskontrolle zu kommen. Auf diese Weise werden die Notfälle seltener.

Das Gesundheitszentrum wird immer weiter ausgebaut, die Strasse zur Stadt verbessert und eine Telefonverbindung eingerichtet. Sr. Veronica ist rund um die Uhr im Einsatz, und nutzt ihre Kontakte in die Schweiz, um die Situation zu verbessern. Über 5’000 Babys hilft sie als Hebamme auf die Welt. Ihre Heimatpfarrei sowie viele Einzelpersonen leisten tatkräftige finanzielle Hilfe, und werden von ihr regelmässig mit Rundbriefen und durch Telefonate informiert.

Küsnacht half mit Spendengeldern mit

Marien-Prozession in St. Juan de la Costa
Marien-Prozession in St. Juan de la Costa

Sr. Veronica merkt bald, dass die beste Armutsbekämpfung eine Berufsausbildung ist. So beginnt sie Mädchen zur Ausbildung als Krankenschwester, Schneiderin oder Köchin nach Osorno, die nächstgelegene Grossstadt, zu schicken. Am Anfang leider mit wenig Erfolg. Denn viele der Mädchen sind mit den veränderten Lebensbedingungen in der Stadt überfordert, haben Heimweh, kommen bald ohne abgeschlossene Ausbildung, ausgenutzt oder sogar schwanger, wieder zurück. Um dem abzuhelfen, kauft Sr. Veronica mit Spendengeldern aus Küsnacht in Osorno ein Haus, in dem die Mädchen während ihrer Ausbildung begleitet und gefördert werden. Dies erweist sich als grosser Segen für die betroffenen Mädchen und deren Familien. Dieses Haus wird zur Lebensaufgaben von Sr. Veronica. Unermüdlich ist sie, zusammen mit ihren Mitschwestern und weltlichen Mitarbeiterinnen im Einsatz, um diesen Mädchen Heimat auf Zeit und eine Zukunft zu geben.

San Juan de la Costa - Wirkungsort von Sr. Veronica
San Juan de la Costa – Wirkungsort von Sr. Veronica

Als sie vor einigen Jahren aus gesundheitlichen Gründen die Verantwortung für das Mädcheninternat abgeben muss, fällt ihr dies nicht leicht. Ein neues Betätigungsfeld findet sie in der Altersarbeit der Pfarrei. Alte Leute treffen sich auf ihre Einladung hin wöchentlich und tauschen ihre Freuden und Sorgen aus. Es wird zusammen gegessen, gespielt und Handarbeiten gemacht. Wer Hilfe benötigt, findet Ansprechpersonen in der Altersgruppe und bei Sr. Veronica. Wichtig ist ihr die Sozialisierung gegen die Einsamkeit. Diese Menschen sind ihr nebst den Mädchen in Osorno ein grosses Anliegen und eines Engagements wert.

Über ihre letzten Stunden schreibt Sr. Vreni Büchel, die leibliche Schwester von Sr. Veronica und ebenfalls Ordensfrau im Kloster Menzingen:

Die Beisetzung von Sr. Veronica
Die Beisetzung von Sr. Veronica

„Nun ist am 6. Februar 2019 am Morgen um 06.55 das Leben von Sr. Veronica Maria Büchel zu Ende gegangen. Sie starb in ihrem geliebten San Juan de la Costa. Aus der kleinen Dependance ist ein richtiges kleines Spital geworden, das seit kurzer Zeit auch einen eigenen Arzt hat. Sie sagte zu mir am Telefon: „Jetzt gibt es hier auch einen eigenen Arzt. Jetzt kann ich in Ruhe sterben, denn meine Leute sind gut versorgt!“  Auch sie selbst war gut versorgt, bis zuletzt. Am Tag drauf war die Abschiedsmesse in San Juan.

Das Grab von Sr. Veronica
Das Grab von Sr. Veronica

Auf dem Weg nach Temuco (unserem Provinzhaus in Chile) wurde auf Wunsch des Bischofs ein Halt in der Kathedrale von Osorno gemacht. Der Bischof wünschte, dass die Schwester auch dort verabschiedet wird. Um ca. 18.00 Uhr kam der Totenwagen dann in Temuco an. Nach dem Abschiedsgottesdienst war anschliessend die Beerdigung in unserem Klosterfriedhof. Von San Juan de la Costa aus begleiteten Mitarbeiterinnen den Sarg in einem Bus bis nach Temuco und zur Beerdigung.

Bei ihrer Abreise glaubte unsere Familie, dass wir Sr. Veronica nie mehr sehen würden. Heimaturlaub war damals kein Thema. Gottlob hat sich die Welt verändert und damit auch die Reisemöglichkeiten immer verbessert. So kam Sr. Veronica „schon“ nach zehn Jahren in ihren ersten Heimaturlaub und seither regelmässig alle vier bis fünf Jahre. Erst in den letzten Jahren war dies nicht mehr möglich, da sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr fliegen durfte.“

Diakon Matthias Westermann zum letzten Heimaturlaub

Auf dem letzten ihrer Heimaturlaube durfte ich Sr. Veronica kennenlernen. Ich war, wie viele andere auch, tief beeindruckt von ihrer lebensfrohen und zupackenden Art. Welch ein starkes Glaubenszeugnis hat diese Frau gegeben. Wir werden ihr in unserer Pfarrei ein ehrenvolles Andenken bewahren.

Der Artikel wurde verfasst nach Informationen von Sr. Vreni Büchel, Kloster Menzingen

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