Küsnacht hat einen neuen Kantor Geschrieben am

Joachim Schwander

Nachdem Andreas Gut per 1. Februar die Pfarrei und somit auch die Musik St.Georg verlassen hat, ist es hocherfreulich, dass nun ein neuer Kantor angestellt wurde. Dabei handelt es sich um Joachim Schwander. Nach einer Übergangsphase im Teilzeitpensum wird er per Mai alle Aufgaben eines Kantors inklusive der Leitung der pfarreilichen Chöre übernehmen. In einem Exklusivinterview gibt er uns einen  Einblick in sein Leben und seinen bisherigen Werdegang.

Ein Kantor mit Küsnachter Wurzeln

Zuerst einmal möchte ich Ihnen zur Ernennung als Kantor unserer Pfarrei gratulieren. Freuen Sie sich auf die neue Herausforderung, die in Küsnacht auf Sie wartet?

Für mich geht genauso ein Traum in Erfüllung wie für Andreas Gut in St. Gallen – einer, den ich allerdings so kaum zu träumen gewagt hätte! Die musikalische Vielfalt, die unglaubliche Freundlichkeit und Begeisterungsfähigkeit der Leute sowie die Tatsache, dass ich Vollzeit arbeiten kann, machen die Stelle zu einem kirchenmusikalischen Paradies.

Was war Ihr bisheriger musikalischer Werdegang?

Ich habe zunächst in Zürich und Winterthur Orgel, Klavier und Kirchenmusik studiert und habe mich nach dem Konzertdiplom in Strassburg in französischer Orgelmusik und Improvisation weitergebildet. 2009 ging ich zum weiteren Studium an die Royal Academy of Music nach London, wo es mir dank der fantastischen Chormusik-Tradition sofort chorleiterisch „den Ärmel reinzog“. In Praktika und Meisterkursen habe ich mir das Dirigier- und Korrepetitoren-Handwerk angeeignet, die nötige Routine kam dann durch diverse Anstellungen im Raum Bristol.

Zurzeit leben Sie noch in England. Sind Sie dort auch aufgewachsen?

Ich bin in Wängi im Kanton Thurgau aufgewachsen, habe aber einen familiären Bezug zu Küsnacht, denn meine Grossmutter mütterlicherseits ist von hier und ich habe immer noch eine Grosstante in der Gemeinde. Als junger Student hatte ich für zwei Jahre in Küsnacht ein Zimmer, danach war ich als freier Mitarbeiter der „Zürichsee Zeitung“ immer wieder am rechten und linken Seeufer unterwegs. Nach zehn Jahren in Zürich und zwei weiteren in London ist seit 2012 Bristol meine Wahlheimat, wo es mir auch sehr gut gefällt.

Der Wunsch in der Schweiz zu arbeiten hat auch persönliche Gründe

Joachim Schwander am Flügel

Ich nehme aber an ein Wohnungswechsel in die Region um den Zürichsee steht bevor?

Ich möchte unbedingt in Küsnacht wohnen, zumindest in den ersten zwei bis drei Jahren. Nun habe ich auch dank der Hilfe aus den Chören eine Wohnung in der Nähe des Pfarreizentrums gefunden. Meine Partnerin, mit der ich in Bristol zusammenlebte, ist letzten Sommer aus beruflichen Gründen nach Luzern gezogen. Deswegen bin ich auch ganz froh, dass wir jetzt wieder nur in Zug- statt Flugdistanz voneinander entfernt wohnen.

Wie sieht Ihr Einstieg in unserer Pfarrei aus?

Ich bin bereits zu 20% angestellt, da mich Andreas Gut im Januar eingearbeitet hat und ich im Februar und März einige Dienste und Proben übernehmen werde. Meine Kantorenstelle in Thornbury bei Bristol habe ich auf Ende März gekündigt, ab April bin ich dann hier. Die Orgeldienste übernehme ich allerdings erst ab Mai.

Orgelmusik wird neu aufleben

Was können wir musikalisch von Ihnen erwarten?

Zunächst mal viel Herzblut und Begeisterung! Ich möchte die Chorarbeit von Andreas Gut nach Möglichkeit mit der gleichen Intensität und Professionalität weiterführen. Daneben freue ich mich auch aufs Orgelspiel. Es wird sicher auch einige Orgel-Events geben – ganz gerne auch mal mit Schlagzeug und/oder Saxophon, um orgeluntypische Stile auszuloten!

In welchem Musikstil fühlen Sie sich besonders wohl?

Musikalisch habe ich mein Heu auf vielen Bühnen, mag Jazz, gewisse Pop- und vor allem Rockmusikstile. Am meisten zu Hause bin ich in der Chor- und Orgelmusik des 19. und 20. Jahrhunderts, dann empfinde ich auch eine grosse Liebe zum Gregorianischen Choral und der Vokalpolyphonie der Renaissance. Am meisten Erfahrung habe ich mit dem klassischen Orgelrepertoire, der Improvisation und der Chormusik aus Renaissance und Romantik – besonders derjenigen aus England.

Ein Heavy-Metal-Kantor!

Joachim Schwander und Andreas Gut

Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie früher auch in einer Band gespielt haben. In welche musikalische Richtung ging es damals?

Ob Sie es glauben oder nicht – Heavy Metal!  Die Leute reagieren oft überrascht, dass ein Organist solche Musik mag. Wenn man sich jedoch mal Regers Phantasien oder Viernes Symphonien anhört, entdeckt man Ähnlichkeiten in der energetischen Kraft der jeweiligen Musik.

Sie haben also sehr vielfältige musikalische Erfahrung gesammelt. Welche Instrumente spielen Sie?

Studiert habe ich vor allem Orgel, bin aber auch ein ziemlich versierter Pianist und dank konsequenter Stimmbildung in den letzten Jahren auch ein fähiger Tenor.

Welches ist Ihr Lieblingsstück oder -song?

Ich habe viele Lieblingsstücke, ich finde es schwer, mich da festzulegen. Rachmaninovs Vespern sind aber ein heisser Anwärter auf den Titel.

„Jeder hat seinen persönlichen Stil“

Worauf freuen Sie sich ganz besonders und welche Ängste sind auch damit verbunden?

Auf die Vorbereitung der vielfältigen Gottesdienste und, damit verbunden, die Zusammenarbeit mit einem liturgisch kompetenten, die Musik wertschätzenden Seelsorgeteam. Ebenso aufs Proben mit den Chören, in die ich mich eigentlich schon verliebt habe. Ich persönlich sehe einem Neuanfang grundsätzlich immer optimistisch entgegen und bin, obwohl ich einer riesigen Herausforderung gegenüberstehe, überzeugt, dass ich sie meistern werde. Ich kann ja auch auf wohlwollende Unterstützung von allen Seiten zählen und werde von Andreas geduldig und kompetent eingeführt.

Wird sich in der Musik St. Georg vieles verändern?

Ich möchte in erster Linie mal an der erfolgreichen Arbeit meines Vorgängers anknüpfen und diese weiterentwickeln. Kleine Veränderungen werden sich wohl automatisch mit der Zeit ergeben, denn jeder Musiker, der authentisch ist, hat seinen eigenen, persönlichen Stil.

Welches Ziel haben Sie vor Augen?

Möglichst viele Menschen von dem zu begeistern, an das ich glaube – musikalisch wie spirituell.

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen und den persönlichen Einblick. Ich wünsche Ihnen für die Zukunft in unserer Pfarrei alles Gute sowie viele schöne Momente mit der Musik.

Ihre Redaktorin Tiziana Ballabio